Als Hinduismus oder Brahmanismus wird die indische Religion bezeichnet, die die Brahmanen mit ihren Schriften als Priester anerkennt. Hinduismus ist auf den indischen Subkontintent beschränkt, da der Mensch nur von Geburt an ein Hindu sein kann. Demzufolge betreibt der Hinduismus auch keine Mission. Der Hinduismus ist nicht an einen bestimmtem Gründer gebunden, vielmehr hat er sich im Laufe der Jahrhunderte immer weiter entwickelt. Deshalb gibt es auch keine fest umrissene Glaubenslehre, kein klares Dogma. Es gibt sowohl atheistische, pan-en-theistische wie auch theistische Hindus. Der Hinduismus kennt viele verschiedene Wege, die zum Heil führen. Diese Wege stehen gleichberechtigt nebeneinander, sie sind lediglich individuelle Ausgestaltungen desselben Zieles.

Sinn und Ziel des Lebens ist die Erlösung und Befreiung des Menschen von der Wiedergeburt (sansara), die Seligkeit in dem vollständigen Eingehen des Selbst (atman) in das ewig Absolute und Unwandelbare (brahman).

Jedes Leben wird gesehen als die Folge des im Vorleben angehäuften karmas (gute und böse Taten). Je besser dieses Karma ist, desto besser wird ein Mensch wiedergeboren. Über diese Straf- bzw. Belohnungfunktion des karmas wird das Kastensystem in Indien gerechtfertigt. Denn gemäss dieser Lehre hat jeder Mensch die Kaste, in die er hineingeboren wurde, selbst in einem vorherigen Leben verantwortet. Der Aufstieg in eine höhere Kaste ist nur möglich bei einem besseren karma in diesem Leben, welches zu einer höheren Kaste in dem folgenden Leben führen wird.

Das Karma kann auf drei verschiedene, gleichberechtigte Arten verbessert werden: Zum einen durch materiellen Wohlstand (artha), dann durch Lust und Liebe (kama) und schliesslich durch Beachtung der religiösen Pflichten (dharma). Diese drei Arten verbessern das karma, erlauben aber keinen Ausbruch aus dem Kreislauf der Wiedergeburt. Es handelt sich insofern nur um mittelbare Ziele. Letztendlich muss der Mensch seine Bindung an diese Welt vollständig aufgeben, um nicht wiedergeboren zu werden. Dieser Ausbruch kann auf zwei unterschiedlichen Wegen erfolgen, deren Entstehung geschichtlich nacheinander erfolgte:

Auf dem Weg der Erkenntnis einerseits versucht der Mensch zu verstehen, dass seine Seele und er selbst eins ist mit brahman, dem Absoluten - und dies schon von Anbeginn an. Diese Erkenntnis ist nur durch Askese und unter Anleitung eines Meisters erreich- und erlebbar. Den Weg der Erkenntnis können nur die Brahmanen beschreiten.

Auf dem Weg der liebenden Hingabe andererseits versucht der Mensch gar nicht erst, in das unpersönliche brahman einzugehen. Vielmehr ist das Leben der Liebe, der Vereinigung mit einem auf der Erde tätigen Gott gewidmet. Dieser Weg ist jedem Hindu offen und nicht nur dem wissenden Brahmanen. Er muss dafür gläubig vertrauen und leben und sich dem Gott liebend hingeben.